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Kollektive Rechtswahrnehmung und individuelle Verantwortlichkeit - ein Blick auf das Arbeitsrecht in Deutschland aus nationaler, französischer und europarechtlicher Sicht

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Verfasser: Ahmad, Natascha; Jansen, André
Verfasserangabe: Natascha Ahmad ; André Jansen
Jahr: 2014
Arbeit und Recht
Mediengruppe: Unselbst Lit in Zss

Inhalt

Anders als im franz. Recht bestehen im deutschen Recht lediglich einzelne Elemente eines kollektiven Rechtsschutzes. So finden sich Verbandsklagerechte im Bereich des Verbraucher- und Wettbewerbsrechts, auf dem Gebiet des Naturschutzes im öff. Recht und des Behindertenrechts. Ein spezielles Musterverfahren wurde zu Gunsten des Anlegerschutzes eingeführt. Auch das Arbeitsrecht kennt einzelne kollektive Rechtsschutzelemente. So etwa Unterlassungs – und Beseitigungsansprüche von BR im Beschlussverfahren oder gewerkschaftliche Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung tarifwidriger betrieblicher Regelungen in BV, Regelungsabreden oder vertr. Einheitsregelungen (Art. 9 Abs.3 GG i.Vm. §§ 823 Abs.1, 1004 Abs.1 S.2 BGB). Weitere und allg. Rechtsinstitute, die auf einer einheitlichen gesetzgeberischen Grundkonzeption beruhen würden, fehlen indessen. Kollektive Klagerechte könnten jedoch zur Bewältigung von Massenverfahren oder zur Durchsetzung tarifvertraglicher oder kollektiver Ansprüche von AN auf betrieblicher Ebene sinnvoll sein. Auch auf eur. Ebene sind Neuerungen für den kollektiven Rechtsschutz bis auf die mögliche Einführung gewerkschaftlicher Klagerechte bei Verstößen gegen den Beschäftigtendatenschutz durch den AG nicht zu erwarten. Vorbilder für Regelungen im koll. Rechtsschutz finden sich dagegen im franz. Recht, das auf ein bereits langjährig bestehendes System kollektiven Rechtsschutzes zurückblicken kann. So können frz. Gewerkschaften tarifvertragliche Rechte sowohl gegen ihren Tarifvertragspartner wie auch gegen dessen Mitglieder und gegen jede an den TV gebundene Person gerichtlich durchsetzen. Bei einer Klage auf Anwendung eines TV werden eigene gewerksch. Rechte geltend gemacht. Daneben ist die sog. Substitutionsklage zulässig, mit der Gewerkschaften auch Rechte einzelner AN sogar in Fällen, in denen dieser nicht Mitglied der Gewerkschaft ist, einklagen können. Die Zulässigkeit der Klage setzt auch nicht das Einverständnis des betroffenen AN voraus. Er hat lediglich Widerspruchsrechte. Daneben steht Gewerkschaften das Recht zu, sich gegen unmittelbare oder mittelbare Schädigungen eines Kollektivinteresses mittels Klage zu wehren. Eine solche Schädigung kann in der fehlenden Umsetzung eines TV durch einen tarifgebundenen AG liegen, oder auch in der Verletzung von Arbeits- und Sozialgesetzen bestehen (z. B. Sonntagsbeschäftigung). Das deutsche Rechtssystem, das in seiner Konzeption auf Einzelverfahren und die Geltendmachung von Einzelansprüchen zugeschnitten ist, erscheint im Arbeitsrecht jedenfalls im Tarifvertragsrecht fragwürdig. Gerade hier geht es nicht allein um die Verwirklichung der individuellen Rechte von AN, sondern gleichermaßen um die Chance auf Verbandsbildung von Gewerkschaften und nicht zuletzt deren Erhaltung. In seinem Gutachten für den 70. DJT schlägt Bepler vor, § 9 TVG um einen Abs. 2 zu erweitern und in diesem der am Tarifabschluss beteiligten Gewerkschaft – aber auch dem tarifgebundenen AG – die Möglichkeit einzuräumen, durch eine Unterlassungs- oder Feststellungsklage die »richtige« Anwendung tariflicher Regeln klären zu lassen. Die Umsetzung dieses auch in seinen prozessualen Auswirkungen wohl durchdachten Vorschlags stellt nach Ansicht der Autoren ein erster notwendiger Schritt sein, um kollektiven Rechtsschutz im deutschen Arbeitsrecht gesetzlich zu verankern.
(Quelle: www.bund-verlag.de)

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Verfasser: Suche nach diesem Verfasser Ahmad, Natascha; Jansen, André
Verfasserangabe: Natascha Ahmad ; André Jansen
Jahr: 2014
Übergeordnetes Werk: Arbeit und Recht
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Beschreibung: H. 8-9, S. 311 - 318
Schlagwörter: Kollektiver Rechtsschutz
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Arbeitsrecht / Rechtsschutz
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