Der Beitrag hat das Ziel, den Begriff der Gleichheit der Mitgliedstaaten im Unionsrecht zu klären. Da es sich hierbei um eine relativ selten thematisierte Problematik handelt, wird dieser Begriff zunächst aus der Perspektive der Logik, der Rechtsphilosophie und der Rechtstheorie analysiert, um bestimmte Maßstäbe für seine Abgrenzung und Verwendung vorzuschlagen. Diese Maßstäbe sollen das freie Ermessen der Unionsorgane bei ihren Entscheidungen einschränken und dadurch zur Stärkung der Prinzipien der Transparenz und Voraussehbarkeit beitragen. Darüber hinaus bestimmt der Autor die Anwendungsbereiche der Gleichheit und kommt zu der Ansicht, dass es notwendig ist, die Zuständigkeit und Wirkung der normativen Gleichheit gegenüber den Mitgliedstaaten als einheitlich und frei von Unterschieden und Ausnahmen anzunehmen. Als Gegenpol zur und Ausnahme von dieser normativen Gleichheit ist die materielle Gleichheit zu unterscheiden, die etwa im Rahmen der Kohäsionspolitik auf weniger entwickelte Regionen angewendet wird, die bevorzugt werden, um damit eine Annäherung und letztlich eine Gleichstellung erreichen zu können. Hier gilt eine Ausnahme von der Gleichheit der Mitgliedstaaten vor dem Unionsrecht, wie sie sich aus Art. 4 Abs. 2 EUV ergibt. Der Autor kritisiert darüber hinaus die teilweise anzutreffende Selektivität bei der Anwendung der Gleichheit; denn im Anwendungsbereich der normativen Gleichheit, die eine absolute Gleichheit von Rechten und Pflichten der Mitgliedstaaten bedeutet, sind Ausnahmen unzulässig, die zu einer ungleichen Behandlung und damit zu einer Diskriminierung der Mitgliedstaaten führen können. (Quelle: www.nomos-elibrary.de)