Die jüngere Forschung zeigt, dass die kontinentalen Sozialstaaten ihre Gestalt zwar später als andere Wohlfahrtsstaatstypen verändert haben, jedoch nicht weniger einschneidend. Unklar ist aber nach wie vor, wie die Entwicklungsrichtung der Reformen zu bewerten ist. Zur Untersuchung dieses Wandels schlagen wir eine Analyseperspektive vor, die wir als Fragmentierungsperspektive bezeichnen. Diese soll Widersprüche zwischen institutionellen (Teil-)Logiken unterhalb der Schwelle des Systembruchs sichtbar machen sowie Spannungen zwischen institutioneller Ausgestaltung und den vorherrschenden normativen Leitbildern oder sozialen Praktiken identifizieren. Dabei beziehen wir den Wandel explizit auf die Konstruktionsprinzipien von Sozialversicherungssystemen. Der Mehrwert einer solchen Analyseperspektive wird exemplarisch am Beispiel von Veränderungen im deutschen Krankenversicherungssystem zwischen 1990 und heute illustriert.