Im öffentlichen Diskurs begegnen uns oft Begriffe, die sich durch eine unerfreuliche Diffusität auszeichnen, Begriffe von ärgerlicher Unbestimmtheit, umwabert von semantischer Nebelhaftigkeit. Dazu zählt zum Beispiel der Begriff der Wahrheit oder auch der der Freiheit oder der der Menschenwürde. Versuchen Sie mal, im Geiste diese Begriffe zu definieren. Wahrscheinlich glauben Sie intuitiv zu wissen, was das ist - Wahrheit oder Freiheit oder Menschenwürde. Doch bäte ich Sie, spontan brauchbare Definitionen zu liefern, würden Sie wahrscheinlich ins Grübeln kommen. Das Gleiche würde beim Ideologiebegriff geschehen. Wenn Sie, mit Mikrofon und Aufnahmegerät bewaffnet, auf die Straße gingen und Passanten ansprächen: "Entschuldigen Sie! Können Sie mir bitte sagen, was Ideologie ist?", würden Sie sehr wahrscheinlich auf verlegenes Schweigen oder auf peinliches Herumstottern oder etwas hilfloses Klauben nach Worten treffen. Im günstigsten Falle würde dieser oder jener erwidern: "Ideologie? Ist das nicht irgend so'ne Weltanschauung?" Eine solche Antwort wäre zwar nicht gänzlich verkehrt, träfe aber nicht den Kern des komplexen Phänomens. (Quelle: Heft)