Der Mensch denkt zumeist nur dann gründlicher nach, horcht nur dann tiefer in sich hinein, wenn etwas, das lange Zeit da war und funktioniert hat, plötzlich nicht mehr da ist. Erst wenn uns eine Krise - ein einschneidendes Erlebnis, eine gravierende Veränderung oder ein Schicksalsschlag - unversehens trifft, wird uns bewusst, dass das, was bisher als selbstverständlich war. Führungskräften geht es da nicht anders. Arbeitsverdichtung und Zeitdruck, Leistungsstreben und Resultatorientierung erlauben im betrieblichen Alltag noch weit weniger Muße für substanzielles Nachdenken - über sich selbst, eigene Gedanken, Emotionen und Werte, die gepflegten Beziehungen, das eigene Handeln und die verfolgten Ziele. Nicht wenige Manager sind "Gefangene ihrer Organisation, die von Meeting zu Meeting hecheln, fortwährend Reports erstellen, staatliche (Zertifizierungs-)Auflagen zu erfüllen haben und ganz nebenbei ihre Mitarbeiter führen sowie die Zukunft des Unternehmens planen sollen. Nachfolgend werden die Gründe dargelegt, warum es speziell für Führungskräfte sinnvoll ist, die Fähigkeit zur Selbstreflexion zu entwickeln und zu pflegen. Zunächst erfolgt aber eine philosophische Einordnung der allgemeinen Frage der Lebensbewältigung und des Selbstbegriffs, in dessen Umfeld das (Selbst)Bewusstsein, das Selbstkonzept, die Identität und die Persönlichkeit angesiedelt sind. Außerdem werden konkrete Maßnahmen und Instrumente aufgezeigt, die dabei helfen können, Selbstreflexion gezielt zu fördern. Zur Sprache kommen aber auch Grenzen und Gefahren einer übertriebenen Grübelei (overthinking). Wenn das Gedankenkarussell nur noch um (Versagens-) Ängste und Sorgen kreist, droht die berühmte Paralyse durch Analyse. Diesen Zustand kann sich eine auf Entscheidungen und Ergebnisse getrimmte Spezies sicherlich auch nicht leisten. (Quelle: Universitas)