Die deutsche Armutsdebatte konzentriert sich stark auf alleinerziehende Eltern, allerdings wird in dieser Diskussion meist übersehen, dass viel mehr Kinder mit zwei oder mehr Geschwistern in Armut aufwachsen. Diese Kinderarmut in Mehrkindfamilien wird nicht nur gesellschaftlich ignoriert, das Sozialsystem bestraft diese Kinder sogar doppelt.

In diesem Standpunkt werde ich der Frage nachgehen, warum die soziale Lage von Mehrkindfamilien so wenig thematisiert wird und welche sozialpolitischen Reformen notwendig wären, um eine strukturelle Benachteiligung dieser Kinder zu verringern. Zusammen mit Megan Curran an der Columbia University haben wir ein internationales Forschungsnetzwerk gründet mit dem Ziel

Mehrkindfamilien mehr in den Fokus sozialwissenschaftlicher Debatten zu rücken und somit einen grundlegenden Perspektivwechsel aufzuzeigen. In diesem Kontext haben wir gerade eine Studie zur Kinderarmut in Mehrkindfamilien mit Bezug auf Deutschland veröffentlicht (Köppe et al. 2024). Basierend auf diesen Ergebnissen folgen zwei konkrete Gedankenanstöße: Erstens sollten Mehrkindfamilien in Analysen grundsätzlich als sozialpolitisch relevante Risikogruppe berücksichtigt werden und zweitens sollte die nationale Armutsstrategie konkrete Reformmaßnahmen für Mehrkindfamilien enthalte. (Quelle: www.elibrary.duncker-humblot.com)